„Ich weiß wohl, was los ist, aber wir sprechen eigentlich zu Hause nie darüber...“

Dein Bruder oder Deine Schwester hat eine schwere Krankheit. Vielleicht bist Du damit aufgewachsen. Dann kennst Du es nicht anders. Es kann auch sein, dass die Krankheit erst später entdeckt wurde und dass Dein Bruder oder Deine Schwester sich durch die Krankheit sehr verändert.

Du weißt wahrscheinlich, wie die Krankheit Deiner Schwester/Deines Bruders heißt. Es kann trotzdem sein, dass Du Dir manchmal Fragen zu der Krankheit stellst, z.B. wie es weiter geht, wenn Ihr älter werdet. Im Internet sind viele Informationen zu finden, aber nicht alle Informationen sind vertrauenswürdig und brauchbar. Und oft werden die Krankheitsverläufe von Erwachsenen beschrieben, während die Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen anders verlaufen. Einige Patientenvereinigungen haben auf ihren Internetseiten gute Informationen. Doch auch hier ist es wichtig, zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu unterscheiden.

Es kann evtl. sinnvoll sein, mal mit ins Krankenhaus zu gehen oder bei einer Behandlung dabei zu sein. Dann kannst Du sehen, was dort gemacht wird und Dir besser vorstellen, wie es dort aussieht. Du darfst natürlich auch Fragen stellen, wenn Du etwas genauer wissen möchtest. Manche Krankenhäuser haben auch Informationen auf ihrer Webseite, die evtl. manche Deiner Fragen beantworten können.

Es kann sein, dass Du Dir Gedanken darüber machst, ob die Krankheit Deiner Schwester oder Deines Bruders irgendwann vorübergehen wird oder ob sie oder er daran versterben kann. Und vielleicht machst Du Dir auch Sorgen darüber, ob Du diese Krankheit vielleicht auch bekommen kannst. Fast alle Jugendlichen stellen sich irgendwann diese Fragen. Vielleicht fällt es Dir schwer, über solche Fragen mit Deinen Eltern zu reden. Vielleicht, weil Du Deine Eltern mit diesen Fragen nicht traurig machen möchtest. Es kann aber sogar sein, dass es sowohl für Dich als auch für Deine Eltern leichter wird, wenn Ihr über diese Fragen sprecht. Vielleicht hast Du auch jemand anderen, mit dem Du lieber über Deine Fragen reden möchtest, z.B. mit Oma oder Opa, mit Deinem Lehrer oder anderen Erwachsenen. Das Wichtigste ist, dass Du Dich nicht mit Deinen Fragen alleine fühlst. Denn auch Deine Fragen sind wichtig und sollen gehört werden.

Auch wenn Dein Bruder oder Deine Schwester im Bett liegt, könnt Ihr gemeinsam Spaß haben. Hier findest Du ein paar Ideen, die Ihr mal ausprobieren könnt:

* Schattenfiguren an die Wand werfen

* Ausprobieren, wer am längsten stillsitzen kann ohne zu lachen

* Schneebälle aus Zeitungspapier machen und sich damit bewerfen

* Tennis spielen auf dem Stuhl sitzend oder mit einem weichen Ball aus Schaumgummi

* Gesichter auf Ballons malen und damit werfen

* Gemeinsam auf dem Sofa oder im Bett liegen und Musik hören

* Lieder singen

* Mit den Fingern zur Musik „tanzen“

* Zusammen seltsame Geräusche machen

* Ein Hörbuch hören oder einen Film schauen

* Gemeinsam eine Geschichte ausdenken, eine Geschichte vorlesen oder die Geschichte mit Handpuppen spielen

* Du rufst ein Wort und Dein Bruder oder Deine Schwester muss das auf eine lustige Art darstellen

* Du nennst ein Tier und Dein Bruder oder Deine Schwester macht das Tier nach. Oder jemand macht ein Tier nach und die anderen müssen raten, welches Tier das ist. Statt Tiere könnt Ihr auch (Euch allen) bekannte Personen nachmachen.

* Computerspiele spielen

* Brettspiele: Bildet ein Team und besprecht gemeinsam, was Ihr machen wollt. Oder Dein Bruder/Deine Schwester kann den Würfel für alle werfen oder die Karten vorlesen.

* Ihr könnt Euch gegenseitig lustige Frisuren machen

* Grimassen schneiden

* Einer bekommt die Augen verbunden und muss fühlen, was ihm/ihr in die Hand gelegt wird.

* Schaut Euch gegenseitig in die Augen und macht genau das, was der andere tut, als wenn Ihr in einen Spiegel schaut.

* Und so weiter – denkt Euch gerne noch mehr aus…

Es ist nicht immer lustig, mit einem kranken Bruder oder einer kranken Schwester zusammen zu wohnen. Vielleicht wird Deine Schwester oder Dein Bruder schnell böse oder tut Dir sogar manchmal weh. Dann ist es wichtig für Dich, daran zu denken, dass Du manchmal nichts dafür kannst, dass er oder sie so reagiert. Und manchmal ist die Krankheit ein Spielverderber, wenn sie Eure Pläne plötzlich durcheinanderbringt. Deshalb ist es gut, wenn Du selbst viele schöne Dinge machen kannst, z.B. mit Freunden treffen, zum Sport oder in die Musikschule gehen usw. Dann ist es für Dich leichter auszuhalten, wenn Dein Bruder oder Deine Schwester schlecht drauf ist.

Falls Deine Schwester oder Dein Bruder auf eine besondere Schule geht, ist es vielleicht wichtig für Dich, sie oder ihn dort einmal zu besuchen und zu sehen, wie die Schule aussieht und wie dort Unterricht gemacht wird.

Jugendliche, die mit einer kranken Schwester oder einem kranken Bruder aufwachsen, werden auch „Young Carers“ genannt. Es gibt viele andere Jugendliche, die so wie Du wahrscheinlich auch, manchmal auf ihre kranke Schwester/ihren kranken Bruder aufpassen oder sich Sorgen um sie/ihn machen. In manchen Regionen gibt es Gruppen für Young Carers und manche Angebote sind auch online verfügbar. Du kannst auch mal (mit Deinen Eltern) im Internet nach solchen Angeboten suchen oder über einen ambulanten Kinderhospizdienst herausfinden, ob es bei Euch Gruppen für „Geschwister von schwer erkrankten Kindern und Jugendlichen“ gibt.